150 Jahre Rosa Luxemburg, 110 Jahre internationaler Frauenkampftag – und Frauen* stehen bei Protesten heute wieder in der ersten Reihe. Feministische Bewegungen sind lautstark, kreativ und gewaltig. Von den Aufständen in Belarus, den Kämpfen für Abtreibungsrechte in Argentinien und Polen, über die Proteste der Lehrer*innen in Großbritannien bis zu den Klima-Protesten in Deutschland.
Unsere Radikalität hat gute Gründe
Auch heute sind Frauen* auf der ganzen Welt besonders benachteiligt. Frauen* aus der Arbeiter*innenklasse zahlen den höchsten Preis für die Corona-Krise. In Deutschland sind zwei Drittel der sogenannten systemrelevanten Beschäftigten und der Niedriglöhner*innen weiblich. Seit Jahrzehnten schlecht bezahlt und unterbesetzt, gibt es selbst in der Corona-Krise fast nichts außer ein bisschen Applaus. Im Gegenteil: Neben massivem Arbeitsstress und erhöhtem Ansteckungs- und Armutsrisiko verschärft Corona die Situation auch zu Hause. Die sexistische Arbeitsteilung der Haus- und Sorgearbeit verfestigt sich. Die Anrufe bei Frauen-Hilfetelefonen nehmen massiv zu. Viele von uns sind am Limit!
Trotz erkämpfter Fortschritte ist Sexismus Alltag – ob in Schule, Berufsschule oder auf der Arbeit. Jede von uns hat Situationen erlebt, in denen unsere Aussagen anders beurteilt werden als die von Männern, unser Aussehen und unsere Kleidung kommentiert und verurteilt, sexistische Sprüche gerissen und übergriffige Verhaltensweisen geduldet werden.
Die Paragraphen 218 und 219a, welche die Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs erheblich einschränken, bestehen fort. Im Januar diesen Jahres (!) wurde die Ärztin Kristina Hänel letztinstanzlich verurteilt, weil sie über Schwangerschaftsabbrüche sachlich informiert hat.
Wir denken: Sexismus hat System.
Die genannten Beispiele sind keine losgelösten Einzelfälle. Von schlechterer Bezahlung, miesen Arbeitsbedingungen und privater Haus- und Sorgearbeit profitieren ganz direkt die Kapitalist*innen (auch die weiblichen). Frauen in Chefetagen sind zwar auch von Sexismus betroffen, handeln aber vor allem im Interesse ihrer Klasse und es ist in ihrem Interesse, Männer wie Frauen* möglichst effizient auszubeuten.
Sexistische Unterdrückung (häufig kombiniert mit anderen Unterdrückungsformen wie Rassismus oder Homo- und Transfeindlichkeit) wirkt auch indirekt, indem sie zur Akzeptanz von Ungleichheit bzw. angeblicher Minderwertigkeit von Frauen* und zur Spaltung zwischen Frauen* und Männern beiträgt.
Die jahrtausendealte Ungleichheit von Frauen und Männern - das Patriarchat - ist untrennbar verbunden mit der Klassengesellschaft, heute Kapitalismus. Kapitalismus, das heißt Kontrolle und Besitz des gesellschaftlichen Reichtums und der Banken und Konzerne in den Händen einer kleinen Minderheit - der Kapitalist*innen - die für Profit und in Konkurrenz zueinander produzieren. Damit dieses durch und durch ungerechte System gegenüber der ausgebeuteten Mehrheit (der Arbeiter*innenklasse) überleben kann, haben sich im Laufe der Geschichte von Klassengesellschaften verschiedene Unterdrückungsformen entwickelt und verfestigt, die immer dem Zweck dienten uns zu spalten: in Frauen und Männer, Schwarze und Weiße usw. Denn den Herrschenden ist damals wie heute bewusst, wenn die Arbeiter*innenklasse weltweit realisiert, dass sie die gleichen Interessen hat, und wenn wir es schaffen Sexismus, Rassismus & Co zurückzudrängen, dann können wir eine vereinte Bewegung aufbauen die uns vom Kapitalismus befreit. In Umkehrschluss gilt: Um Sexismus grundlegend und dauerhaft stoppen zu können, müssen wir den Kapitalismus abschaffen!
ROSA: feministisch - sozialistisch - international
Das internationale Netzwerk ROSA (for Reproductive rights, against Oppression, Sexism and Austerity) ist in vielen Ländern aktiv in den starken feministischen Bewegungen und baut seinen sozialistisch-feministischen Flügel nach Kräften mit auf - von Polen nach Irland, über Mexiko bis Argentinien.
Sozialistischer Feminismus bedeutet für uns, den Kampf gegen Sexismus mit dem Kampf gegen alle Unterdrückungsformen und für ein Ende der Profitherrschaft, zu verbinden. Wir müssen Missstände anprangern, aber wir wollen auch eine Vorstellung von einer Gesellschaft entwickeln, für die es sich lohnt, gemeinsam und international zu kämpfen!
Deswegen steht ROSA für den gemeinsamen Kampf aller Arbeiter*innen und Jugendlichen für eine Gesellschaft, in der Frauen* nicht als Sexobjekte definiert werden; die Kindererziehung, Bildung, Pflege, Haus- und Erwerbsarbeit gemeinschaftlich und solidarisch regelt; in der nicht der Profit, sondern die Mehrheit der Gesellschaft demokratisch über die Verwendung der Ressourcen entscheidet. Nur so eine Gesellschaft kann uns eine Zukunft ohne Diskriminierung und Gewalt bieten.
Mach mit!
Aktivist*innen der Sozialistischen Alternative (SAV) und der International Socialist Alternative (ISA) haben die Initiative für ROSA in Deutschland ergriffen. Willst du im ROSA-Netzwerk aktiv werden gegen Sexismus und Kapitalismus? Hast du Fragen, Wünsche, Ideen was man tun kann? Oder willst du einfach mal schauen, wer wir so sind? Dann freuen wir uns, wenn du dich bei uns meldest, bei Treffen vorbeischaust, oder/und uns bei Facebook und Co. auscheckst.
Wir verteidigen einen aktiven Feminismus, der sich nicht mit Lobbyarbeit in den Parlamenten beschäftigt, sondern eine Bewegung auf der Straße, in den Schulen, auf dem Uni-Campus und in den Betrieben aufbauen will.
Mit Männern aus der Arbeiter*innenklasse verbindet uns das gemeinsame Interesse einer vereinten Bewegung, um die Ausbeutung insgesamt zu überwinden. Gemeinsam und organisiert können wir eine Bewegung aufbauen, die sich mit der gesamten Arbeiter*innenklasse und allen Unterdrückten dieser Welt verbündet und den Kapitalismus abschaffen kann. Der 150. Geburtstag der revolutionären Sozialistin Rosa Luxemburg fällt nicht ohne Grund auf das Gründungsdatum von ROSA in Deutschland. Lasst uns dafür sorgen, dass sie und all die anderen Kämpfer*innen nicht umsonst gestorben sind.
ROSA Forderungen
ROSA kämpft international gegen Sexismus und jede Form von Diskriminierung und für ein System, welches Schluss macht mit Unterdrückung, Ungleichheit und Diskriminierung. Die folgenden Forderungen sind Eckpfeiler eines Programms, was wir gerne mit Dir weiter diskutieren möchten:
Mein Körper, meine Wahl, meine Freiheit! Frauen* sind keine Objekte. Nein zu sexistischer Vermarktung des Körpers. Für das Recht von Frauen*, sich so zu kleiden wie sie es wollen, ohne belästigt zu werden. Für eine echte Wahl: Verteidigung des Rechts auf Abtreibung (kostenlos, zugänglich, transparente Informationen). Sofortige Abschaffung der Paragraphen 219a und 218. Für das Recht, Kinder zu bekommen ohne das Risiko, in Armut zu geraten. Für zugängliche, kostenlose Verhütungsmittel und Menstruationsprodukte für alle.
Gewalt gegen Frauen stoppen! Wir brauchen einen massiven Ausbau von Frauenhäusern, Beratungsstellen & Schutzeinrichtungen statt Kürzungen. Sofortmaßnahme: Leere Hotelzimmer zu Schutzwohnungen für Frauen*! Kostenfrei und anonym, unabhängig von Aufenthaltstitel, Herkunft und gesundheitlicher Einschränkung. Um unabhängig leben zu können und eine Zukunftsperspektive zu haben, müssen Frauen* wirtschaftlich unabhängig sein und dazu braucht es ausreichend und bezahlbaren Wohnraum.
Mit und ohne Corona-Krise: Raus aus der Armutsfalle. Volle Lohnfortzahlung statt Kurzarbeitergeld für alle, die während des Lockdowns zu Hause Kinder betreuen oder deren Betrieb geschlossen ist, Mindestsicherung und Mindestrente von 750 Euro + Warmmiete, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, Recht auf Rückkehr von Teil- in Vollzeit.
Systemrelevanz ist zu 75% weiblich – Frauen* und Männer* gemeinsam für Schutz, Entlastung und Aufwertung jetzt! 500 Euro mehr Lohn als erster Schritt für alle Beschäftigten in diesen frauendominierten Bereichen, massive Einstellungen, Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich
Sorge- und Hausarbeit: öffentlich nicht privat! Massive Investitionen in ein kostenloses, qualitativ hochwertiges öffentliches Gesundheits- und Bildungswesen für alle – von der Krippe bis ins hohe Alter – Einkaufsservice, Nachbarschaftskantinen, und vieles mehr. Mit Gremien für Beschäftigte zur demokratischen Kontrolle von Gesundheitsschutz und Arbeitsbelastung.
Die Reichen sollen zahlen! Massive Vermögenssteuer und Corona-Abgabe auf Vermögen von über einer Million Euro von 10 % und 30 % auf Vermögen über zehn Millionen Euro - statt Subventionen für Tesla und Eurofighter!
Sexismus hat System – Kapitalismus abschaffen! Die Corona-Pandemie hat die Reichen noch reicher und die Armen (besonders Frauen*) noch ärmer gemacht. Der Grund ist das kapitalistische Profitsystem, welches täglich Ungleichheit und Unterdrückung – Sexismus, Rassismus, Homo- und Transphobie – produziert. Um den gesellschaftlichen Reichtum und die Ressourcen nutzbar für alle zu machen, müssen wir diese der Kontrolle und dem Besitz einer kleinen Minderheit entreißen und sie in Gemeineigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung überführen.
Facebook and Instagram: rosa.germany
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