Mütter im Corona-Home-Office: doppelt und dreifach belastet
Celina Brandstötter - SLP Österreich
Momentan befinden sich viele berufstätige Menschen aufgrund der Corona-Krise im sogenannten “Home-Office-Betrieb”, um ihrer Arbeit weiterhin sicher von zu Hause nachgehen zu können. Was bedeutet diese Maßnahme allerdings für Frauen? Frauen sind großteils diejenigen, die sich um Kinderbetreuung, Haushalt und sonstige Care-Arbeit kümmern. Eine Zeitverwendungsstudie aus dem Jahr 2008 geht davon aus, dass zwei Drittel der Hausarbeit immer noch von Frauen verrichtet wird. In der derzeitigen Krisen-Situation verschärft sich diese massive Belastung von vielen Frauen und insbesondere Müttern. 1-2-3 Jobs - der Tag hat nur 24 Stunden! Sämtliche Bildungseinrichtungen wurden bis auf weiteres geschlossen und der Schulbetrieb ebenfalls auf E-learning von zu Hause aus verlagert, die externe Kinderbetreuung wurde stark eingeschränkt. Ebenso sind in Österreich momentan auch viele Tagesstätten für ältere oder beeinträchtigte Menschen geschlossen worden und aufgrund der Ein- und Ausreisebeschränkungen fallen viele 24-Stunden-Betreuer*innen aus dem Ausland weg, die zurück in ihre Heimat gefahren sind. Sämtliche dieser Betreuungsaufgaben müssen nun weitgehend und auf unbestimmte Zeit im privaten unbezahlten Rahmen von Frauen übernommen werden - und zwar zusätzlich zu der ohnehin bestehenden unbezahlten Care-Arbeit. Zwar gibt es noch eingeschränkte Angebote der Kinderbetreuung für berufstätige Menschen, dennoch wollen viele diese aus Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder verständlicherweise nicht in Anspruch nehmen. Und gerade von Müttern, die sich im Home-Office befinden, wird ohnehin erwartet, dass sie die Kinderbetreuung von zu Hause aus selbst erledigen, als ob Kinderbetreuung einfach mal so “nebenbei” ginge. Diese - auch aus pädagogischer Sicht - völlig falsche Darstellung dient auch dazu, die so extrem wichtige, aber völlig unterbezahlte und unterbewertete Arbeit der Kinderbetreuung weiter zu entwerten und damit die miesen Arbeits- und Einkommensbedingungen in diesem Bereich weiter zu legitimieren. Die Bundesregierung hat Mitte März die Möglichkeit eines 3-wöchigen Corona-Sonderurlaubs für Menschen mit Betreuungspflichten erlassen, allerdings nur bei Zustimmung des/der Chefs/Chefin. Man kann sich an einer Hand ausrechnen, wie groß die Chance ist, diesen tatsächlich zu bekommen! Corona-Burn Out droht Massenphänomen zu werden Die Realität vieler Frauen im Home-Office sieht derzeit also so aus, dass sie Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung gleichzeitig erledigen sollen. Das führt letztlich oft dazu, dass die Kinderbetreuung und das Erledigen der Schulaufgaben mit den Kindern tagsüber stattfindet und die Erwerbsarbeit auf frühmorgens oder auch spätabends verschoben werden muss. Ebenso fällt natürlich auch die warme Mahlzeit, die häufig in Betreuungseinrichtungen bereitgestellt wird, weg. Auch diese muss nun zusätzlich Zuhause zubereitet werden. Und eine “gute Mutter” kocht natürlich stets frisch und gesund - mit einem Lächeln im Gesicht und einem Lied auf den Lippen. Wer zu Fertignahrung greift, kämpft noch zusätzlich mit einem schlechten Gewissen.
Dies sind nur einige Beispiele für die zusätzliche Belastung vieler Frauen bzw. Mütter, die ihnen in der momentanen Krisensituation wie selbstverständlich zugemutet wird. Natürlich sind auch Mütter und Frauen, die nicht von zu Hause aus arbeiten können diesem massiven zusätzlichen Druck ausgesetzt. Sie müssen neben der ohnehin schon belastenden Situation im Job auch noch die wegfallende Nachmittagsbetreuungen im Hort etc. kompensieren. Viele sind zu Recht auch besorgt um die Gesundheit ihrer Kinder, wenn sie die bestehenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten doch in Anspruch nehmen (müssen).
Spart euch euer leeres Lob!
Die schwarz-grüne Bundesregierung spart nicht mit Lob für die “Held*innen” der Krise und in allen Medien wird darüber berichtet, dass es zu großen Teilen Frauen sind, die das System am Laufen halten. Lob geht einfach und kostet nichts. In ihrem Krisenmanagement jedoch zeigt die Regierung deutlich, dass sie staatliche Ressourcen lieber dafür einsetzen vor allem die Profite von Großunternehmen zu sichern. Der österreichischen Wirtschaft wurde ein Krisenpaket von 38 Milliarden Euro zugesprochen. Doch für Arbeitnehmer*innen und insbesondere Frauen gibt es kaum konkrete Unterstützung und ganz sicher nicht im notwendigen Ausmaß. Im Gegenteil beschränkt sich die Regierung auf “soll” Bestimmungen für die Unternehmen - was diese umsetzen bleibt den Firmenchef*innen überlassen. Die Frauen aber haben diese Wahl nicht: sie müssen sich um Job, Familie und Haushalt kümmern. Wir fordern daher unter anderem folgendes:
Das Recht auf eine unbefristete Freistellung bei vollem Lohn für alle Menschen mit Betreuungspflichten, bis eine sichere und umfassende externe Betreuung wieder gegeben ist, unabhängig davon ob diese ihre Erwerbstätigkeit im Home-Office ausführen können oder nicht.
Sichere externen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und andere zu pflegenden/betreuende Menschen. Unter den derzeitigen Bedingungen schicken viele Eltern ihre Kinder verständlicherweise bei Möglichkeit lieber nicht in Schule oder den Kindergarten. Was es braucht ist eine Betreuung, die unter tatsächlich ausreichenden Schutzbedingungen stattfindet. Dazu braucht es Kleinstgruppen und die ausreichende Bereitstellung von Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel, sowie regelmäßige Tests der Betreuer*innen und der Betreuten. Das bedeutet auch mehr Raum und mehr Personal um es möglich zu machen, das sämtliche wichtige Betreuungseinrichtungen unter sicheren Bedingungen in Anspruch genommen werden können.
Die Möglichkeit für Familien mit Betreuungspflichten, Dienste wie Essen auf Rädern zu einem Sozialpreis beziehen zu können. Viele Kinder und andere betreuungsbedürftige Menschen hatten bisher die Möglichkeit in der Schule, im Kindergarten etc. eine warme Mahlzeit zu erhalten - diese Möglichkeit muss weiter aufrecht erhalten werden!
Dies sind nur einige Beispiele dafür, was jetzt notwendig ist, um zu verhindern, dass die Krise auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird. Zu Recht betonen viele Frauenorganisationen, dass die Herrschenden in der Corona-Krise hart erkämpfte Frauenrechte zurück drängen und viele Aspekte der Care-Arbeit noch stärker als bisher in den privaten Bereich geschoben werden. Nichts davon wäre nötig, wenn z.B. 38 Milliarden Euro nicht für große Unternehmen und ihre Profite bereitgestellt würde sondern für Arbeitnehmer*innen, den Gesundheits- und Sozialbereich! Es ist davon auszugehen, dass die Herrschenden auch nach Corona versuchen, diese Privatisierung von Care-Arbeit weiter voran zu treiben. Z.B. indem künftig argumentiert wird, dass es keine Pflegefreistellung mehr braucht, wenn ein Kind krank zu Hause ist, sondern man das ja locker mit Home-Office lösen könnte. “Ist ja während Corona auch gegangen” werden da viele Chef*innen und Vertreter*innen in Bundeswirtschaftskammer und Industriellenvereinigung argumentieren.
Die aktuell noch erhöhte Mehrfachbelastung von v.a. Frauen kommt aber auch nach einer Welle von Protesten von v.a. Frauen für mehr Rechte und gegen Sexismus. Wir werden es nicht zulassen, dass im Zuge der kommenden Wirtschaftskrise das Rad der Geschichte einfach zurückgedreht wird. Im Gegenteil: Frauen werden auch in Österreich Kämpfe gegen die unzumutbare Mehrfachbelastung mit Protesten gegen das (finanzielle) Abwälzen der Krise auf die Arbeiter*innenklasse verbinden. Schon in den letzten Jahren haben im Rahmen der weltweiten feministischen Streiks immer mehr Frauen den Schluss gezogen, dass nur ein paar mehr Politikerinnen oder Chefinnen nichts ändern - sondern dass das Problem tiefer liegt: im kapitalistischen System das die Ausbeutung von Frauen braucht. Weil aber Frauen diese Ausbeutung nicht wollen und ganz sicher nicht brauchen, ist ein ernsthafter feministische Kampf auch immer ein antikapitalistischer!
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